Abrakadabra

Wellen nutzen für veränderte Wahrnehmungen dank ihrer Manipulierbarkeit
Technische Geräte machen sich zunutze, dass Wellen z.B. reflektiert, gebrochen oder an einem Hindernis gebeugt werden können. Die kontrollierte Anwendung dieser Eigenschaften bezeichnet man als Manipulation. Könnte man damit sogar Objekte – fast wie bei Harry Potter – unsichtbar machen?
Poster zum Thema Manipulierbarkeit
klassische Linse
Fresnel-Linse
Metalinse
klassische Linse
Fresnel-Linse
Metalinse
Hydrophon
Objekt
Objekt
in Metamaterial
Ultraschallwellen
Objekt
scheinbarer
Spiegel
|
Metafolie mit
Nanoantennen aus Gold
|
Metawald
Oberflächenwellen
S-Wellen

Ding, versteck dich!

Tarnkappen erschweren das Auffinden von Objekten. Bei Tarnkappenflugzeugen verhindert die kantige, glatte Form, dass Radarwellen zum Absender zurückreflektiert werden; spezielle Beschichtungen «verschlucken» Wellen; und geeignete Geräte löschen Reflexionen mit einer entgegengesetzt schwingenden Welle aus – so wie ein Noise-Cancelling-Kopfhörer Umgebungsgeräusche.

Für wirkliche Unsichtbarkeit muss Licht jedoch unbemerkt vollständig um ein Objekt herumgeleitet werden. Da diese umgeleiteten Wellen einen längeren Weg haben, müssen sie schneller sein, um gleichzeitig mit den direkten hinter dem Objekt anzukommen – ansonsten treten dort Lichteffekte auf. Doch schneller als Lichtgeschwindigkeit ist nicht möglich – und daher alltagstaugliche Unsichtbarkeit wie bei Harry Potter vermutlich auch nicht.

Schallwellen in Wasser können jedoch unterschiedlich schnell sein, sodass ein Objekt unter Wasser vor Ultraschallwellen versteckt werden kann. Ein das Objekt umgebendes Metamaterial schleust die Schallwellen so schnell durch seine Struktur dass sie zeitgleich mit den nicht umgeleiteten Wellen hinter dem Objekt ankommen.

Auch eine Metafolie aus hauchdünnen Goldstrukturen kann ein winziges Objekt so tarnen, als wäre es nicht da. Dazu manipuliert die Folie, die wie eine Haut über dem Objekt liegt, einfallendes Licht so, dass man anstelle des Objekts einen flachen Spiegel sieht.

Könnten auch Erdbebenwellen manipuliert werden, um ihr Zerstörungspotential zu reduzieren? Experimente zeigen, dass Baumreihen, die zunehmend höher werden (Metawald), schwache Oberflächenwellen (z.B. von Verkehr) dämpfen oder in tiefere Bodenschichten umleiten. Dies inspirierte die Entwicklung von Metafundamenten, um Vibrationen z.B. unter Kernkraftwerken «abzufangen».

 

Halm, knick dich!

Ein Strohhalm im Wasserglas erscheint gebrochen und versetzt – und zwar in eine ganz bestimmte Richtung. Überraschend wäre es, wenn der Strohhalm scheinbar in die andere Richtung, also «negativ» gebrochen wäre. Diesen Fall gibt es in der Natur nicht. Forschende arbeiten jedoch an künstlichen Materialien (Metamaterialien), die aufgrund ihrer Struktur Wellen so manipulieren, dass diese in fast alle – auch unnatürliche und negative – Richtungen gebrochen werden. So wäre es prinzipiell möglich, Licht um Objekte herumzuleiten und sie damit unsichtbar zu machen.

Metamaterialien bestehen aus Einheiten («Bauklötzchen») gebräuchlicher Materialien. Allerdings sind diese in speziellen, meist regelmässig wiederkehrenden Mustern angeordnet. Jede Einheit hat aufgrund ihrer Bestandteile und Struktur ihre eigene Wirkung auf eine einfallende Welle und bestimmt z.B., wie die Welle gebrochen wird. Alle Einheiten zusammen ergeben die Eigenschaften des Metamaterials. Da die Einheiten wesentlich kleiner sind als die Wellenlänge der zu beeinflussenden Welle, erscheint der Welle das Metamaterial als Masse mit einheitlichen neuen, unnatürlichen Eigenschaften.

 

Licht, bündle dich!

Licht wird von optischen Linsen gebrochen und in einem Punkt gebündelt oder im Raum zerstreut. Wir kennen dies von Brillengläsern, die eine Verformung des Augapfels so korrigieren, dass ein Bild auf der Netzhaut fokussiert wird. Dadurch sehen wir scharf.

Je grösser eine zu korrigierende Fehlsichtigkeit ist, desto gewölbter, dicker und schwerer ist die optische Linse. Was bei Brillen unschön ist, ist für den Betrieb von Leuchttürmen ein Problem. Der Physiker A. J. Fresnel reduzierte die Linsen daher auf das Entscheidende: die gekrümmte Oberfläche, denn nur diese bestimmt, wie Licht gebrochen wird. So erhielt er eine schmale, stufenartige Linse, die der Krümmung einer Linse folgt. Um für den Leuchtturmbetrieb noch mehr Licht einzufangen, können zusätzliche prismenförmige Ringe um die Linse angeordnet werden.

Metalinsen versuchen, mit noch weniger Material noch effizienter zu sein. Hierfür bilden nanometerkleine Einheiten aus Rillen und metallischen Säulen eine flache Oberfläche. Einfallendes Licht wird an diesen Strukturen umgelenkt, wodurch es in seine Farbanteile zerlegt wird. Um hinter der Linse wieder weisses Licht zu erhalten, verzögern die Nanostrukturen den Durchlauf der Farbanteile unterschiedlich, sodass sie beim Austritt wieder zusammenkommen und im richtigen Winkel exakt auf einen Fokuspunkt zulaufen. Damit erreichen Metalinsen eine mindestens so hohe Genauigkeit wie herkömmliche Linsen. Da sie aber extrem dünn sind, könnten sie technische Geräte wie Kameras revolutionieren.